Ich habe vor Kurzem ein neues Genre entdeckt, das ich spannend finde und einfach mal ausprobieren wollte: Mikro-Science-Fiction. Dabei geht es darum, eine winzige, kompakte Science-Fiction-Geschichte mit nur 500 Zeichen zu schreiben. Das sind nicht viel mehr als drei, vier kurze Sätze. Eine echte Herausforderung, die aber richtig viel Spaß macht, denn man beschränkt sich aufs Wesentliche und kommt gleich auf den Punkt. Das sind meine bisherigen Mikro-SF-Geschichten:
Abreise
Lily konnte die Augen nicht von der blauen Kugel abwenden, die im All hing wie ein verblassendes Gemälde. Früher, da unten, hatte sie geglaubt, dass es unendlich viele Wege, Möglichkeiten und Versionen dieses Menschen namens „ich“ gibt, ohne sich je festlegen zu müssen. Erst seitdem sie die Erde verlassen hatte, wusste sie: Es gab Wege, die man niemals gehen, Möglichkeiten, die man niemals ergreifen würde, und man musste mit dieser einen Version „ich“ leben, die man bereits geworden war.
Marslandung
„Houston an Sam: Wie fühlt es sich an, als erste intelligente Spezies den Mars betreten zu haben?“ 20 Minuten war es her, seit dieser Funkspruch die Erde verlassen hatte. Seit 20 Minuten hielten Milliarden Menschen die Luft an. Jede Sekunde musste die Antwort eintreffen. Alle rechneten mit einem legendären Satz wie einst bei der Mondlandung. Ein Rauschen in der Leitung kündigte Sams Signal an: „Nun ja“, sagte er zögerlich. „So ganz stimmt das nicht. Es war schon jemand vor uns da.“